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Prof. Günther H. Blecks
Dr. Ulrich Schneider
Karl-Heinz Jeiter

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Junge Künstler Im Suermondt?
Junge Künstler im SürMond
Albert Borchardt

Nach knapp drei Jahren der intensiven Bauzeit eröffnet das Neue Suermondt-Ludwig-Museum seine durchgreifend renovierten und erheblich erweiterten Räumlichkeiten an der Aachner Wilhelmstraße. Fast sind die fröhlichen Jahre der Interimswirtschaft im Alten Kurhaus der Bäderstadt schon vergessen, in denen auf engstem Raum ein compact Museum für die Sammlungen unterhalten wurde und dennoch ein flotter Ausstellungsbetrieb vonstatten ging. Eine Institution wuchs dort im Provisorium wie von selbst heran: "Unter den Arkaden - Junge Künstler im Suermondt-Ludwig-Museum" hieß eine Ausstellungsserie, die aus einer Not entstanden war. Vier Schaufenster unter dem Portikus des spätbarocken Gebäudes schienen keiner Nutzung zuführbar. Die Idee, diese dem Publikum am nächsten liegenden, öffentlichsten Ausstellungsräume, ganz jungen Künstlern zur freien Nutzung zu übertragen, war geboren. Rund zwei Dutzend Künstlerinnen und Künstler haben die Herausforderung angenommen. Hauptsächlich wurden Installationen geschaffen, die mit dem Gebäude und der Sammlung umgingen, andererseits hatten auch Skulptur, Malerei und Photographie ihren Platz in den sehr öffentlichen Vitrinen. Schließlich wurden die Ausstellungen fast zum Selbstläufer, ein Künstler gab das Konzept an den nächsten weiter. Und unvergeßlich sind die Vernissagen, sommers wie winters im Freien, unter den Arkaden, und ich durfte den wein und das Bier servieren. Der Erfolg des Unternehmens "Unter den Arkaden" ließ natürlich an die Fortsetzung im Neuen Suermondt-Ludwig-Museum denken. Da lag es nahe, wieder einen sehröffentlichen, ja unmusealen Raum als Ausstellungslokal für die jungen Künstler auszuwählen, einen Raum, der nicht nur dem Museumspublikum, sondern auch für die zufällig vorbeikommende Öffentlichkeit einladend schien. Wie eine Vitrine, wie ein Schaufenster öffnet sich denn auch die Fassade des Erweiterungsbaus zur Wilhelmstraße, und im Erdgeschoß ist das Restaurant/Café/Bistro, die genaue Eigenart steht noch nicht fest, angesiedelt. Mit den Gastwirten wurde über eine Ausstellungsserie gesprochen, die positive Aufnahme der Idee war beiderseitig. Lange Überlegungen allerdings verlangte der Name des Unternehmens. Er sollte nach Museum klingen, aber nicht zu sehr, er sollte den Aachenern vertraut scheinen, aber nicht nur diesen. So kam der Name SürMond zustande, Umlaut und Nasalierung des ersten Stifternamens paraphrasierend. Und hier im SürMond soll der Ort für die jungen Künstler sein, unprätentiös ihre Werke zu zeigen, sich einem guten Publikum zu präsentieren, diese zu erfreuen, und auch mal zu verstören; "Junge Künstler im SürMond".

Albert Borchardt, der erste "junge Künstler" im Neuen Suermondt-Ludwig-Museum - gerade trifft auf ihn das Prädikat "junger Künstler" noch zu - scheint, prima vista, mit seiner Arbeit niemanden verstören zu können. Denn er ist ein sehr guter Landschaftsmaler. Der dreiunddreißigjährige, der bei Christiane Maether und Ulf Hegewald an der Fachhochschule Aachen studiert hat, ist seiner Umwelt biographisch intensiv verbunden. Ob in der schweren, industrieumzingelten Umgebung des Haus Palant, dem barocken Gutshof bei Eschweiler, auf dem er wohnt, ob in der flachen Ebene des Niederrheins bei Ringenberg, wo er gerade arbeitet, oder in und um Florenz, wo er 1990 Stipendiat der Villa Romana war: Albert Borchardt läßt den Blick ruhig und gemessen schweifen und gelassen ruhen, auf Landschaft und auf Stadtschaft, den Unspektakulären Ausschnitt bedenkend.

Ergebnisse dieses kontemplativen Trachtens, das die Bewegung, sei es zu Fuß, sei es mit dem Pferdewagen voraussetzt, sind kleinformatige Gemälde, Acrylfarbe auf leinwandbezogener Pappe. Serien von bis zu fünfundzwanzig Täfelchen werden zu Blöcken oder Streifen zusammengefaßt. Verbindung ist die einfarbige, zumeist rote, leichte Grundierung, auf die plain air in Primamalerei mit breitem, trockenem Pinsel die relativ unbunte Farbigkeit aufgetragen wird.

Es mag aus der Heimatsicht des Künstlers resultieren, daß die niedrig angesetzt sind, somit eine tiefreichende Perspektive erreicht wird. Die Ruhe dieser Landschaften erfährt häufig eine Akzentuierung durch Bezugspunkte, Haus, Baum, Baumgruppen, wobei der Fixpunkt gelegentlich große Teile des Formates einnimmt. Die Skizzenhaftigkeit der Malerei wird durch die Reihung in Blöcken aufgehoben. Albert Borchardt sucht gerne schwierige Wände für seine Präsentation aus. Konkave oder konvexe Rundungen geben dem entstehenden Gesamtbild noch eine eigene Dynamik, die am ehesten der seitlichen Sicht aus einem fahrenden Zug nahekommt, wo der Blick, immer wieder zurückspringend, von der Fensteröffnung begrenzt wird.

Der zweite Arbeitsbereich Borchardts gilt der großformatigen abstrakten Malerei. Hier greift Borchardt wie in Details seiner Landschaften, schafft monochrome Flächigkeiten von großer Ruhe und Dichte. Und plötzlich verfliegt die scheinbare Naivität der Täfelchen, wenn sie so mikroskopisch beleuchtet werden. Die Farbflächen, ins Große transponiert, geraten bedrohlich. Hier entsteht ein Effekt, der in der Eingangsszene des Films "Blue Velet" schockierte: Beim Schwenk durch einen Vorstadtrasen, wird selbst das Insekt zum gefährlichen Ungeheuer.

Albert Borchardt ist in den Rahmen einer neuen Landschaftsimpression zu setzen. Er betrachtet nicht mit dem allegorisierenden Blick des 19.Jahrhunderts die Licht- und Schattensituation und schwelgt in der von Gott gegebenen Farbigkeit, sondern ihm ist die Bedrohung seiner Mitwelt ein ernstes Anliegen. Seine Bilder sollen nicht nur gefallen, sondern auch ein wenig nachdenklich machen in ihrer Schönheit. Undsolches kann ja auch bei einem zufälligen Besuch im SürMond nicht schaden.

Dr.Ulrich Schneider, Direktor der Museen der Stadt Aachen, 1994
S. 6 u. 7 im Katalog: Albert Borchardt, Malerei,
Suermondt - Ludwig - Museum, Aachen



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© Albert Borchardt mail
©Text: Dr. Ulrich Schneider

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